Bezahlbar und gefragt: Neubau am Wasser auf dem Kistner-Gelände

Wohnen mit Blick auf die Geeste: Auf dem ehemaligen Gelände der Kalksandsteinfabrik H. F. Kistner baut die GEWOBA 66 preisgebundene Neubauwohnungen, die für Menschen mit Wohnberechtigungsschein reserviert sind. Denn das Angebot an Sozialwohnungen wird knapper.

BREMERHAVEN, 06.07.2023, 1. Spatenstich zum Bau von Wohnhäusern auf dem ehemaligen Kistnergelände an der Geeste, v.l.n.r. Jaroslav Gerbatowski (GERBA Bauunternehmen GmbH), Ingrid Spengler (Architekturbüro Spengler Wiescholek), Oberbürgermeister Melf Grantz, Silvester Gerbatowski (GERBA Bauunternehmen GmbH), Dr. Christian Jaeger (GEWOBA-Vorstandsmitglied) © Joerg Sarbach
Spatenstich für Neubauwohnungen in Bremerhaven

Geförderte Neubauprojekte wie das Kistner-Carré in Bremerhaven-Lehe setzen hier wichtige Gegenströme für gleichberechtigtes Wohnen in den Innenstädten.

Architektonisch hat das GEWOBA-Neubauprojekt an der Geeste Einiges zu bieten. Hier zeigt sich, wie vielfältig Sozialer Wohnungsbau sein kann.

Wir haben mit der Architektin des Neubauprojekts, Ingrid Spengler von Spengler Wiescholek Architekten, über die Besonderheiten des Bauprojekts gesprochen.

Frau Spengler, wie kam es dazu, dass Sie die Architekturplanung für die Neubauten übernommen haben?

Das war ganz einfach. Wir hatten einen städtebaulichen Wettbewerb für das Gesamtgelände gewonnen, der von der GEWOBA und der STÄWOG initiiert wurde. Das geht noch weit über das Kistner-Gelände hinaus in Richtung Osten und umfasst die gesamte Wasserseite weiter nördlich. Das Kistner-Gelände war der erste Bauabschnitt.

Was ist für Sie das Besondere am Neubauprojekt?

Die Wasserlage und der weite Blick sind bei diesem Bauprojekt besonders. Die Neubauten entstehen aber auch in einem interessanten Gebiet. Hier ist sehr viel im Umbruch. Es gibt sehr viel Gründerzeit-Architektur und Altbau, der zum Teil saniert und zum Teil noch nicht saniert ist. Der Stadtteil Lehe mit seiner bunt gemischten Bevölkerung erhält durch die Bauten aber auch eine willkommene und belebende Ergänzung.

Welche Aspekte waren bei der Planung besonders wichtig?

Alle künftigen Bewohner*innen sollten von ihren Wohnungen aus Blick aufs Wasser, Richtung Süden, haben. Die Atmosphäre beim Ankommen ist uns ebenfalls wichtig. Es gibt daher eine Art Eingangsvorhof zwischen Haus und Straße, der einen empfängt und zu den Hauseingängen führt.

Die Atmosphäre beim Ankommen ist uns ebenfalls wichtig. Es gibt daher eine Art Eingangsvorhof zwischen Haus und Straße, der einen empfängt und zu den Hauseingängen führt.

Ingrid Spengler

Durch welche architektonischen Elemente zeichnet sich der Bau aus?

Wir haben zwei zwillingsartige Baukörper gestaltet. Sie sind beide U-förmig, haben jeweils zwei Treppenhäuser, die durch einen mit Kletterpflanzen berankten Laubengang verbunden sind. Durch die zur Straße geöffnete U-Form entsteht einerseits ein geschützter Hofbereich. Die Wohnungen erhalten andererseits einen großen Außenwandanteil Richtung Wasser. Das ist eher ungewöhnlich. Meist wird das U zum Wasser geöffnet. Das haben wir anfangs auch versucht und uns dann gefragt: Warum machen wir das eigentlich so herum? Letztlich ist es viel schöner, einen Hof zu haben. Das hat den Charme, dass die Gebäude von der Straße etwas zurückrücken und ein Eingangsvorplatz, ein Entree, entsteht. Dieses hat auch kommunikative Funktionen. Da trifft man sich, man wartet oder die Kinder spielen. Es ist ein unangestrengter Ort für Begegnungen.

Durch die zur Straße geöffnete U-Form entsteht ein geschützter Hofbereich.
Neuer Wohnraum in Bremerhaven
Die Wasserlage und der weite Blick sind bei diesem Bauprojekt besonders.
Neuer Wohnraum in Bremerhaven

Über welche optischen Highlights verfügen die Neubauten?

Wir haben uns bei der Fassade für Klinker entschieden, weil das ein witterungsbeständiges Material ist, das Wind und Wetter an der Küste standhält. Die prägnante rote Farbe verleiht den Neubauten eine eigene Strahlkraft.
Die Wohnungen auf der nach Süden ausgerichteten Wasserseite haben sogenannte „Balkonregale“. Das sind großzügige Bänder mit sehr schönen großen Balkonen. Die Wohnungen im höheren Baukörper haben nach Westen sogenannte „Schwalbennester-Balkone“ erhalten. Diese haben eine abgerundete Dreiecksform und erhalten zur Nord-Westen-Seite ein höheres Geländer als Windschutz. Es fängt in etwa zwei Meter Höhe an und fällt dann ab bis auf 90 cm auf der Südseite. Diese Schwalbennester-Balkone sind ungewöhnlich und ein prägendes Element der Häuser.

Warum sind diese Besonderheiten wichtig?

Es macht Spaß, durch eine Stadt zu gehen, in der sich nicht alle Gebäude gleichen. Schon kleine Besonderheiten wie die Schwalbennester und der Vorplatz mit dem bewachsenen Laubengang reichen aus, um Vielfalt und Orientierung zu erzeugen. Es darf ja nicht automatisch das gesamte Gebäude zum aufwendigen Bauprojekt werden. Das „Mehr“ in der Architektur ist vergleichbar mit einem Halstuch, das eine besondere Farbe hat, während man sonst schlicht gekleidet ist.

Mehr über das Kistner-Carré in Bremerhaven erfahren? Hier gehts weiter: gewoba.de/mieten-verwalten-kaufen-verkaufen/wohnen-im-neubau/kistner-gelaende