Bunt statt grau: Der Rote Block in Gröpelingen

Der Gewerkschaftsblock bekommt die Farbe zurück, die ihm seinerzeit den passenden Namen gegeben hat: der Rote Block. Das erste Gebäude-Ensemble, welches die GEWOBA ab 1924 gebaut hatte, ist der so genannte Gewerkschaftsblock in Gröpelingen.

Die Häuser bilden zwischen Gröpelinger Heerstraße, Altenescher Straße, Pastorenweg und Grasberger Straße ein Karree – gebaut für Familien der Gewerkschaftsmitglieder im aufstrebenden Hafenquartier des Bremer Westens. Das nachbarschaftliche Miteinander spielte hier von Anfang an eine große Rolle und wird von der Raumplanung begünstigt: mit viel Platz im Innenhof für Wäscheleinen, Spielen und Gespräche. Wenige Schwarzweiß-Fotografien aus dieser Zeit geben einen Eindruck vom Leben dort vor 100 Jahren. Und diese historischen Fotos zeigen eben auch nur, dass dieser Block anfangs nicht weiß war. Dass er in einem kräftigen Rot gestrichen war, kam allerdings erst bei einer genauen Untersuchung zutage.

In hellem Grau prägte der Gewerkschaftsblock viele Jahrzehnte die Gröpelinger Heerstraße.
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„Erst mochte ich es nicht, aber jetzt ist es ‚Mein Märchenschloss’“, sagt eine Bewohnerin.
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»Ich war selbst überrascht, als dieses leuchtende Rot zum Vorschein kam.«

Nurdan Gülbas, Projektleiterin

Denkmalschutz heißt auch originalgetreu sanieren
Natürlich hat das Gebäude schon mehrere Anstriche bekommen in den vergangenen Jahrzehnten. Doch da es seit 2020 unter Denkmalschutz steht, müssen alle Arbeiten nach Denkmalschutzvorgaben durchgeführt werden. „Dem Bremer Dom dürften auch kein pinkfarbenen Turmspitzen gegeben werden.“ So hieß es für die erfahrene Projektleiterin Nurdan Gülbas recherchieren, beproben lassen und mit den zuständigen Fachleuten abstimmen. Die beauftragte Restauratorin Laura Blumenberg fand entlang der Gröpelinger Heerstraße unter Grau, Weiß und verschiedenen Ockertönen schließlich das dunkle Rot und das kräftige Grün der Fensterrahmen und Türen. „Der frühen Farbgebung sollten und wollten wir so nah wie möglich kommen“, erklärt Architektin Gülbas.

Rot und Grün waren damals sehr moderne Farben
„Ich war selbst überrascht, als dieses leuchtende Rot zum Vorschein kam“, berichtet sie. Doch es macht auch alles Sinn. So hieß der Gewerkschaftsblock früher auch treffend „der rote Block“. Diesem Namen wird er nun wieder alle Ehre machen. „Nicht aber auf der Rückseite des Hauses, die ja nicht das Gesicht des Denkmals darstellt“, wirft Gülbas ein. „Hier haben wir uns an der Farbgebung des restlichen Ensembles orientiert und lediglich den Sockel als Verbindung zur Vorderseite rot gestrichen. Der gesamte Innenhof behält seine stimmige helle Farbgebung. Dies ist auch aufgrund der Fassadendämmung der Gebäuderückseiten ein Aspekt, hier im hellen Farbspektrum zu bleiben. Für das Bremer Landesamt für Denkmalpflege ist ein solches Objekt nichts Alltägliches. So gibt es viele Einzelobjekte, die von den Sachverständigen begleitet werden, doch ein solch großes Ensemble, dazu im Bremer Westen, der 1944 stark zerbombt wurde, ist eher selten. „Der Gewerkschaftsblock ist aus unserer Sicht ein Meilenstein der Stadtgeschichte. Die Zusammenarbeit mit der GEWOBA war hier vorbildlich“, lobt der Bremer Denkmalpfleger Tim Schrader.

Anwohner sind geteilter Meinung
„Ich finde es scheußlich“, sagt eine Mieterin, die seit den 80er-Jahren hier zu Hause ist. „So dunkel“, nennt sie den Hauptgrund ihrer Ablehnung und lässt sich nur schwer von den Argumenten für die Wichtigkeit des Denkmalschutzes überzeugen. „Also mir gefällt es richtig gut“, bemerkt ein Familienvater, der erst zwei Jahre gegenüber wohnt. „Zusammen mit den großen Bäumen wirkt es richtig edel. Eben besonders“, so sein Urteil. Im September war dann alles fertig und auch skeptische Bewohner*innen räumen ein: „Doch, das sieht wirklich gut aus“. Wie Ute Heuschmann, die ehrlich zugibt: „Als ich den Probeanstrich sah, war ich entsetzt. Und jetzt, wo alles fertig ist, finde ich es ganz fantastisch.“