Drei große Schaufenster bieten rundum gute Einsicht in die interessanten Betriebsräume der Buchbinderei mit den traditionsreichen Maschinen, alten Büchern und bunten Papierstapeln. Genauso hat die Handwerksmeisterin während der Arbeit auch mal den Ausblick nach draußen. Sie schaut in den öffentlichen Grünzug mit der großen Linde direkt vor ihrer Tür oder nach gegenüber zu den Wohnhäusern mit den gepflegten Balkonen.
So lernte Sieglinde Hoidis ihre Nachbarn schnell persönlich kennen, nicht nur die Postbotin auf dem Fahrrad oder den Hauswart Herrn Biese vom GEWOBA-Servicebüro gleich nebenan. „Viele kommen regelmäßig eben zur kurzen Begrüßung herein und berichten ihre launigen Neuigkeiten“, freut sie sich. „Freundlicher Kontakt und Kommunikation sind mir sehr wichtig und gehören zu meinem Wesen“, erzählt die 52-Jährige und erlebt dabei oft lustige Begebenheiten. „Ich bin ständig am Winken und manchmal sogar die geheime Poststation des Quartiers.“ Gerade wurde eine große Teppich-Rolle angenommen, weil der Empfänger im Haus gegenüber darum gebeten hatte. Das bestätigt auch Mitarbeiterin Ulrike Heinrichs: „Wir wissen inzwischen schon genau, wann wer vorbeikommt und kennen die Laufwege der Spaziergänger.“ Zudem achten die beiden Frauen auch darauf, dass vor der Ladenzeile kein Müll liegen bleibt.
Ich bin ständig am Winken und manchmal sogar die geheime Poststation des Quartiers.
Mit bunten Töpfen fing es an
Einmal kam eine Nachbarin mit kleinen bunten Keramiktöpfen, die sie gerne verschenken wollte. Ob diese mit einem Hinweis vorne im Schaufenster ausgestellt sein dürften? Gesagt, getan und inzwischen steht immer ein kleines Regal als Nachbarschafts-Tauschbörse vor der Tür. Hier werden Bücher, Taschen, Geschirr, Körbe und andere Schätze angeboten. Auch Kleinmöbel können mal dazugestellt werden.
Besonders wichtig ist die Gartenbank vor der Werkstatt, als willkommener Treffpunkt und Zwischenstation zum Ausruhen. Zum Beispiel für das Ehepaar Bockelmann aus dem Haus, auf dem Rückweg von der morgendlichen Einkaufstour. Ein kleiner anregender Plausch mit Frau Hoidis ist für die beiden quasi schon zum Ritual geworden. Und in freundschaftlicher Verbindung hängte der Fotograf Jens Benthien eine kleine Bildergalerie mit Portraits und Architektur ins Schaufenster.
„Das Grün hier ist der Hammer!“
Der größte Traum ging für die „Butenbremerin“ Sieglinde Hoidis nun in Erfüllung, als vor einigen Monaten zufällig oben im Haus eine Wohnung frei wurde und sie selbst auch privat hier einziehen konnte. Damit ist die jahrelange Zeit der langen Anfahrtswege zur Arbeit endgültig vorbei. „Ich bin so froh jetzt ganz hier zu sein und fühle mich pudelwohl“, meint die Handwerksmeisterin und hat bereits weitere nachbarschaftliche Ideen für das Umfeld. In Abstimmung mit Stadtgrün Bremen soll demnächst eine Rundbank am schattigen Lindenbaum entstehen. Außerdem wäre der marode Fahrradständer zu erneuern.
Mehr erfahren unter: www.buchbinderei-focken.de