Hinter dieser Tür geht die sonne auf
Wie eine Künstlerin wohnt? Überraschend aufgeräumt. Ihr Stil – eine Mischung aus Minimalismus und sprudelndem Quell. Kurzum: Seit ihrem Einzug im Frühjahr dieses Jahres hat Anne Holefleisch, mit einer Vielfalt an sonnigen Gute-Laune-Farben, Mustern und Stilen, das Beste aus den rund 36 Quadratmetern ihrer Wohnung herausgeholt.
Im hellen, offenen Wohnraum nimmt ein bunter Kelim beinahe die komplette Länge des Raumes ein und führt geradewegs zum Lieblingsplatz der 64-Jährigen: einem gepolsterten Zweisitzer, die hölzernen Füße und Armlehnen mit aufwendigen Schnitzereien verziert. Erst kürzlich spendierte sie dem guten Stück einen neuen Bezug in sonnigem Gelb, verziert mit bunten, großformatigen Blumen. Und auf eben diesem liegt die zierliche Wahl-Vahraonin nun am liebsten und genießt den freien Blick in den Himmel über der Stadt. „Scheint der Mond, hat man von hier aus den Eindruck, er scheine nur für dich – ein unvergleichliches Gefühl“, schwärmt die Künstlerin.
Ein Leben für Kunst & Mensch
Anne Holefleisch sagt, sie sei endlich angekommen. Und das, nach einem vielseitig bewegten Leben und jetzt bereits zehn Jahre währender Liebe zu einem Bremer Urgestein.
Ihr Lebenslauf liest sich wie ein Roman: Nach dem Abitur verschlägt es die gebürtige Kölnerin nach Florenz, wo sie ein Medizinstudium beginnt, dann jedoch zugunsten der Kunst wieder aufgibt. Nach erfolgreichem Kostüm- und Bühnenbild-Studium an der Hochschule für Künste in Berlin, arbeitet Anne Holefleisch am Schauspielhaus Frankfurt, später in Wien. Zum Werdegang gesellen sich Ausbildungen zur Kinderkrankenschwester, Yogalehrerin, Heilpraktikerin und Osteopathin. Als Malerin sorgen unterdessen ihre „Traumbilder“ sowie Werke aus dem Themenbereich „Äpfel und Fische“ im Rahmen europaweiter Ausstellungen für Aufsehen. In Bremen ist sie heute als Yogalehrerin und Projektleiterin tätig, bewirbt sich jedoch parallel stets um weitere Möglichkeiten zur Ausstellung ihrer Werke.
In die Vahr – der Liebe wegen
„Zugegeben – zwischen der Vahr und mir war es keine Liebe auf den ersten Blick. Als ich meinen Partner hier die ersten Male besuchte, konnte ich so gar nicht verstehen, was ihn in diesem Stadtteil hielt“, erzählt Anne Holefleisch. „Doch statt Plattenbau und wirrem Multikulti sehe ich heute selbst, was er schon damals sah: einen wunderbar grünen Stadtteil mit Flair und ein durchweg freundliches Miteinander der Kulturen.“ Etwas, das sie auch am Wohnen im Aalto-Hochhaus zu schätzen weiß. Das Leben im fächerförmigen Baudenkmal ist ruhig – jedoch ohne die anonyme Kühle anderer Wohnhochhäuser. Anne Holefleisch: „Hier halten sich die Bewohner noch gegenseitig den Fahrstuhl auf, sind durchweg freundlich. Zu Gehör bekommt man sie jedoch kaum.“
Wie im Hotel – nur besser!
Was sonst für das Wohnen im Wahrzeichen der Bremer Vahr spricht: der ungewöhnliche, trichterförmige Grundriss lässt unendlich viel Licht herein. Und so fällt hier, im elften von insgesamt 21 Geschossen, bereits von der Wohnungstür der Blick auf eine gigantische Fensterfront plus Loggia – mit freier Sicht bis zum Weserstadion. Für Anne Holefleisch, die zuletzt am Bodensee lebte, mit das Beste am neuen Zuhause: „Dieser buchstäbliche Weitblick hilft beim Gedankensortieren, Pläneschmieden oder Kopfabschalten. Der ideale Ort für mich – als Künstlerin und Mensch.“
Dieser buchstäbliche Weitblick hilft beim Gedankensortieren, Pläne- schmieden oder Kopfabschalten. Der ideale Ort für mich – als Künstlerin und Mensch.
Ein weiteres Highlight: Im Erdgeschoss des denkmalgeschützten Hochhauses befindet sich der Platz des hauseigenen „Concierge“ – gute Seele, Hausmeister-Service und Auskunftsstelle in einem. Für Anne Holefleisch die sprichwörtliche Kirsche auf dem Kuchen ihres Zuhause-Gefühls. Auf die Frage, ob ihr hier irgendetwas fehle, antwortet die 64-Jährige lachend: „Zimmerservice!“, denn hier fühle sie sich ohnehin längst wie in einem Hotel – nur besser.
Ihr „Zimmer mit Aussicht“ dominieren helle, sonnige Farben. An den Wänden in reinem Weiß ziehen selbstgemalte Lieblingsbilder die Blicke auf sich. Auf der Fensterbank: bunte Windlichter im marokkanischen Stil. Über dem Bett mit gelbem Überwurf spendet eine Bogenlampe mit orange-rotem Glasschirm am Abend stimmungsvolles Licht. Daneben reihen sich robuste Grünpflanzen in schweren, steinernen Übertöpfen. Ein kniehohes, selbstgebautes Bücherregal aus naturbelassener Douglasie nimmt unterdessen die volle Breite der gläsernen Loggia ein.
Die wenigen handverlesenen Möbel sind allesamt selbst gebaut oder eigenhändig restau-riert, stammen vom Sperrmüll, Flohmarkt oder aus dem Nachlass der Mutter. Und so gesellt sich massives Holz zu orientalischen Silbertabletts, „Barock und Jugendstil zu frühem Ikea“, scherzt Anne Holefleisch. Anders ausgedrückt: Gekonnte Stilbrüche, die dem Gesamtbild einen unvergleichlichen Charme verleihen. Das nächste Selbstbau-Projekt auf der Liste: Eine Leiste an der Wand neben dem Bett – auf der die handgenähten, expressiven Satin-Kissen der studierten Kostümbildnerin endlich einen angemessenen Platz finden.
Es klingt abgedroschen, aber Kinder sind unsere Zukunft! Wir sollten alle daran mitarbeiten, ihnen den bestmöglichen Start in eben diese zu ermöglichen.
(Lebens-)Künstlerin mit Herz
Der Weg zu ihrem kleinen Atelier im Haus von Lebensgefährte Johannes Krauth (69), führt die 64-Jährige entlang des Vahrer Sees, an dessen Ufer Anne Holefleisch daher regelmäßig auf dem Fahrrad anzutreffen ist. Neben der Kunst widmet sie sich von dort aus auch der Zukunft des lieb gewonnenen Stadtteils. Konkret: den „Frühen Blüten“ – einem Projekt zur Unterstützung und Förderung aller Kinder im Stadtteil Vahr.
Die Idee dazu basiert auf den Erfahrungen mit dem Projekt „Trau dich!“, das Holefleisch und Krauth seit 2016 federführend im Rahmen des Ferienprogramms im Vahrer Bürgerzentrum begleiten. Ob beim Action-Painting oder Gesangs-Contest: in einer Ferienwoche „Trau Dich!“ stecken jede Menge Möglichkeiten, aus sich herauszugehen, sich (künstlerisch) auszudrücken und so das Selbstbewusstsein der Kinder nachhaltig zu stärken. Anne Holefleisch: „Es klingt abgedroschen, aber Kinder sind unsere Zukunft! Wir sollten alle daran mitarbeiten, ihnen den bestmöglichen Start in eben diese zu ermöglichen.“
Gesucht: Kinder(t)raum!
Neben Möglichkeiten zur Ausstellung der Kinder-Kunstwerke, suchen die „Frühen Blüten“ derzeit nach einem freien Raum in der Vahr, der den Kindern an 365 Tagen im Jahr die Möglichkeiten zum künstlerischen Ausdruck bietet.
Anne Holefleisch: „Unsere Ansprüche sind bescheiden! Neben ausreichend Platz, Licht und einem Stromanschluss reicht uns die Erlaubnis zum Klecksen und Lautsein“
Weitere Infos & Kontakt:
www.frueheblueten.de
anneholefleisch@gmx.de