Punktsieg fürs Leben

17 Deutsche Meister, 15 Vize-Meister und mehr als 30 Bronzemedaillen – kaum ein Trainer im Land Bremen dürfte mehr junge Leute zum sportlichen Erfolg geführt haben als Albert Fahlbusch.

Doch in seinen 50 Jahren an der Spitze des Bremerhavener Weser-Boxrings hat Fahlbusch vor allem dort gepunktet, wo das grelle Scheinwerferlicht der Arena nicht mehr ausstrahlte. „Ich glaube, dass ich manchen Jungen daran gehindert habe, auf die schiefe Bahn zu geraten“, bilanziert der 80-Jährige nach kurzer Überlegung.

Bürgerpark-Süd. Die GEWOBA-Siedlung am Rand des größten Bremerhavener Stadtteils Geestemünde ist seit Anfang der 90er die Heimat des Weser-Boxrings. „Dass wir die Trainingshalle von der GEWOBA bekommen haben, war ganz wichtig für den Verein und unseren Erfolg“, sagt Fahlbusch. Dort konnte der Cheftrainer seine Schützlinge so exakt auf die Wettkämpfe vorbereiten, dass sie auch harten Gegnern widerstanden. „Wir hatten jede Menge guter Talente“, sagt Fahlbusch.

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Konzentration, Willen, Taktik, Kondition, ein entscheidendes Gefühl für Gerechtigkeit und absolute Regeltreue – wer das beherrscht, kommt auch im Leben klar.

Albert Fahlbusch

Boxen statt rumhängen
Aber nicht nur der Verein, sondern auch die Siedlung hat von dem Verein profitiert. 15 bis 20 Jahre nach ihrem Bau war sie längst nicht mehr so idyllisch, wie der Name Bürgerpark-Süd vermuten lässt. Mit der damals steigenden Arbeitslosigkeit wuchs auch die Zahl junger Menschen, die für sich und ihr Leben keine Perspektive entdecken konnten. Rumhängen in den Grünanlagen, eine Flasche Bier in der einen und eine Kippe in der anderen Hand – das war für einige Jugendliche der einzige Lebensinhalt. Fahlbusch mochte dabei nicht tatenlos zusehen: „Ich habe sie angesprochen. Hey Jungs, kommt doch mal zum Boxen.“ Und sie kamen. Deutsche Jugendliche genauso wie die Söhne polnischer, russischer oder türkischer Migranten. Draußen hatten sie noch die große Klappe, drinnen vor dem Punching-Ball und am Rande des Boxrings hing ihr Selbstbewusstsein in den Seilen: „Das war schon traurig anzusehen, wie wenig die sich selbst zugetraut haben“, erinnert sich der Trainer. Doch genau dieses Selbstvertrauen gab ihnen Fahlbusch. Beim Boxen geht es nicht darum, den Gegner schnell und brutal niederzuschlagen. Statt jemandem etwas aufs Köpfchen zu geben, muss der Sportler selbst Köpfchen haben. Konzentration, Willen, Taktik, Kondition, ein entscheidendes Gefühl für Gerechtigkeit und absolute Regeltreue – wer das beherrscht, „kommt auch im Leben klar“, weiß Fahlbusch.

Der letzte Kampf
So wie die meisten Boxring-Mitglieder hat auch Fahlbusch eher durch Zufall seinen Weg zu dem Sport gefunden: „Die Amerikaner in Bremerhaven boten Boxkurse an, da bin ich einfach mal hingegangen.“ 53 Jahre war Fahlbusch, der im Februar seinen Rücktritt verkündet hat, Mitglied des Weser-Boxring, davon 50 Jahre der Vorsitzende. Nun zieht er sich in den wohl verdienten Ruhestand zurück. Damit endet auch für die GEWOBA eine 25 Jahre dauernde erfolgreiche Zusammenarbeit. Doch selbst wenn das Bremerhavener Urgestein keine Trainingstipps mehr erteilt – dass er seine Lebensphilosophie vielen jungen Menschen weitergab, bekommt er immer wieder zu spüren, wenn er durch die Stadt geht: „Selbst als Erwachsene sprechen mich die Jungs von früher an. Und erst auf den zweiten Blick sehe ich: Mensch, den hast du doch mal als Jugendlichen trainiert.“

www.weser-boxring.de