Vorhang auf!

Sabine Kurz zog diesen Sommer aus der Bremer City auf den Stadtwerder in eine GEWOBA-Mietwohnung. Ihre Traumwohnung. Aussicht, Barrierefreiheit und Großzügigkeit überzeugten.
Der Spiegel an der 50er-Jahre Garderobe ist blind – mit Absicht. „Ich mag keine Spiegel“, begründet Sabine Kurz den unerwarteten Überraschungseffekt. Es soll nur einer von vielen sein, der in ihrer neuen Wohnung für Aha-Effekte sorgt. Das 106 Quadratmeter große Apartment im vierten Stock auf dem Tanzwerder gleicht einem Wunderland. Seltene Flohmarktschätze, selbstgemachte Einzelstücke, kreativ genutzte Fremdobjekte und edles Design behaupten sich und wirken miteinander.

Stadtnah und idyllisch gelegen: Der GEWOBA Neubau auf dem Stadtwerder, im Hintergrund ist die „umgedrehte Kommode“ zu sehen.
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Möbel im Rampenlicht
Dass Sabine Kurz erst im Sommer einzog, ist der Wohnung nicht anzusehen. Das Interieur trägt bereits ihre Handschrift – eine mit Charakter. Die zierliche Frau mit den locker hochgesteckten naturblonden Haaren streift langsam über das braune Stäbchenparkett. „Einige Bilder fehlen noch. Aber die Orte müssen genau überlegt sein. Ich stelle sie zuerst für ein paar Tage an die Stelle und lasse sie auf mich wirken.“ Es geht durch den Flur, der einem Gürtel gleich, einen Kubus mit Bad, Abstellraum und Gäste-WC umschließt. „Ich liebe den Grundriss, man kann einmal rundherum gehen.“ Die Freude über das neue Domizil ist mit jedem Schritt spürbar. Hier und da ruht ihre Hand kurz auf einer Pinguin-Lampe und auf Deko-Rehen. Jedes Accessoire birgt Erinnerungen, die durch eine geschickte Platzierung stets im Rampenlicht stehen.

Minimalistisch weiße Lack-Kleiderschränke und ein Bücherregal aus groben Holzkisten stehen sich gegenüber – Kontrast ist gewollt, erstaunliche Zweckentfremdungen auch: Ein Busgepäcknetz, das in den 50er-Jahren als solches gute Dienste leistete, erlebt in der Küche eine zweite Karriere als Ablage. Im offenen Wohnbereich bleibt der Blick am roten Samtvorhang mit Goldbordüre hängen. Was sich hinter dem kompakten Theaterfenster verbirgt? Kurz lächelt und schiebt die Vorhänge zur Seite: „25 Jahre hatte ich keinen Fernseher, aber mein Beamer hat nun keinen guten Platz mehr. Deshalb habe ich mir den Smart-TV gekauft. Wichtig war mir, dass kein Kabel zu sehen ist.“ Verborgen hinter dem Edeltuch, stört die moderne Flimmerkiste nicht
das Ambiente des Retro-Wohnzimmers.

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Ich liebe den Grundriss, man kann einmal rundherum gehen.

Sabine Kurz

Freier Blick ins Grün und Blau
Der Vorhang schließt sich wieder, aber die Erkundung bleibt spannend wie ein Bühnenstück. Derzeit erlebt die 52-Jährige viele Premieren: „Ich hatte noch nie Fußbodenheizung und so viel Raum, der selbstverständlich schwellenlos ist.“ Die neuen weißen Wände haben Lust auf Farbe und Effekte gemacht – zumindest punktuell. Im Schlafzimmer thront das Bett vor einer Wand mit braunen Leder-Prints, die Möbel und Accessoires toll zur Geltung bringt.

Absolutes Highlight: zwei Balkone, vor denen sich Bremens Lieblingsplätze im Panorama aufreihen – Dom, Theater, Osterdeich und Weser in Richtung Nord, Werdersee im Süden. Alles beherrschende Farbe beim Blick aus den bodentiefen Balkonfenstern ist derzeit noch das Grün rund um den Stadtwerder. Ein Kontrastprogramm für Kurz, die zuvor 17 Jahre in einer kleinteiligen Eigentumswohnung unweit der Hochstraße lebte. Vom Hochbetrieb ins entschleunigte Naherholungsgebiet. „Der Blick hat etwas Meditatives. Ich liebe nichts mehr, als an meinem Esstisch zu sitzen, auf die Weser mit den vorbeifahrenden Schiffen zu schauen, zu frühstücken und dabei die Zeitung zu lesen.“ Pflanzen dominieren beide Balkone. Rhododendron, Blauregen und Kletterhortensie recken sich aus Kübeln. Für die gebürtige Hessin können Blätterrascheln und Gebirgsfelsen nicht nah genug sein. „Als ich nach Bremen zog, habe ich nicht geglaubt, dass ich mal heimisch werden würde. Ich liebe die Berge, aber hier ist es flach.“ Im Wohnbereich blitzt die Natur ebenfalls auf – aber nicht durch Topfpflanzen. Auf dem Holzregal steht ein Fliegenpilz, eine ausgestopfte Ente lässt sich im Flug erstarrt in der Küche nieder, über dem Esstisch schaut ein Elch aus der Wand – Stillleben der Wildnis. Beim Ausverkauf von Theaterrequisiten findet Kurz immer ein Schätzchen.

Ich hatte noch nie Fußbodenheizung und so viel Raum, der selbstverständlich schwellenlos ist.

Sabine Kurz
Lieblingsplatz mit rustikaler Note: Die Leseecke.
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Gaby Ahnert

Groß genug für Gäste
Das Zuhause unterstütze ihre Hobbys, sagt Kurz. „Ich koche leidenschaftlich gern und habe nun auch Platz für Übernachtungsgäste.“ Ein Pluspunkt: Die offene Küche konnte sie nach ihren Wünschen gestalten. Der Wohnbereich und ein Büro, das wahlweise als Gästezimmer dient, bieten genügend Platz für Freunde. Die currygelben Sofas lassen sich zu Schlafbetten ausziehen und am ebenfalls ausziehbaren Esstisch können mehr als vier Gäste Platz nehmen. „Für unsere Spielerunde mit meinen zwei Freundinnen ist das sehr praktisch.“ Der gemeinsame Abend hat Tradition und ist ein Relikt aus der WG-Zeit. Als die Mitbewohner nach und nach auszogen, hielt das Würfelspiel das Trio zusammen. Eine Fotografie zeigt die drei Damen, wie sie fröhlich unter dem Elchkopf sitzen.

Ebenjener hat es auch auf den Stadtwerder geschafft. Hübsch in Szene gesetzt auf der Tapete in metallisch glänzender Fliesenoptik, schaut er still das Holzkistenregal an – ein Kuriosum, das mit Optik und Hintergrundfakten punktet. „Das Bücherregal hat mein Exmann mit seinem Sohn gebaut. Sie hatten die Idee, es als Installation zu gestalten, als würden die Kisten auseinanderfallen.“ Das Busgepäcknetz wiederum stamme aus dem Gefährt des Vaters ihres Partners. Kurz liebt es, Objekten eine neue Funktion zu verleihen und vermeintliche Stilbrecher harmonisch einzufügen. So dreht sich über dem Couchtisch eine Spiegelkugel, wie man sie aus Discos kennt, und streut ein Netz aus weißen Punkten in den Raum. Das i-Tüpfelchen Pop hier, ein Hauch von hessischem Wald dort. Die Ideen für den szenischen Mix entwickelt die Einrichtungskünstlerin selbst – das geschickte Händchen für die Umsetzung haben ihre Freunde, auf dem Tanzwerder insbesondere ihr Partner. „Ich bin im Dunstkreis der documenta unweit von Kassel aufgewachsen und habe viele Freunde, die im künstlerischen Bereich tätig sind. Ich bin darunter die einzige Geisteswissenschaftlerin“, erzählt die Referentin, die bei der Senatorin für Kinder und Bildung arbeitet. Den schöngeistigen Einfluss lebt sie im eigenen Heim aus.