Seit Juni 2016 wurden Dächer neu gedeckt, Treppenhäuser und Fassaden gestrichen, Balkone und Fenster instandgesetzt, Kanäle saniert, Keller und Dachböden wärmegedämmt und Eingangsbereiche restauriert. Im Hof lagerten Materialien, auf der engen Kopfsteinpflasterstraße standen Container, parkten Handwerkerautos. Monatelang war das Ensemble komplett eingerüstet. Kurzum: Mehr als ein Jahr lang lebten die Marburgs und ihre Nachbarn auf einer Großbaustelle.
Nah am Original
Bauleiterin Nurdan Gülbas hat sich intensiv mit dem Haus, seinen Besonderheiten und den Bewohnern auseinandergesetzt. „Die Bewohner kennen das Haus viel besser als ich“, sagt sie. Etwa ein Jahr lang bereitete die Diplom-Ingenieurin die rund 700.000 Euro teure Restaurierung des Mehrfamilienhauses vor. Sie wälzte Akten, sichtete Fotos und sprach immer wieder mit dem Landesamt für Denkmalschutz. „Wir wollten dieses Schmuckkästchen so originalgetreu wie möglich wiederherstellen“, so Gülbas. Dabei entdeckte die Bauleiterin, die selbst ein Ergänzungsstudium zur Denkmalpflege absolvierte, auch Überraschendes: „Die Fassade war ursprünglich nicht weiß, sondern oxidgelb. Daher haben wir sie auch wieder so gestrichen.“
Von Hausbesetzern zu Mietern
Die Geschichte des Hauses ist eine besondere. So sollte das hübsch verwinkelte Gebäude mit dem Türmchen, Verzierungen sowie individuellen Türen und Fenstern Anfang der 70er-Jahre von der Neuen Heimat abgerissen und durch ein Hochhaus ersetzt werden. Hausbesetzter kämpften erfolgreich gegen diese Pläne, genauso wie gegen die geplante Verkehrsachse „Mozarttrasse“. 1973 wurde das dreiflügelige Wohnhaus dann unter Denkmalschutz gestellt. Hier kam auch erstmals der Name ins Spiel, denn der damalige zuständige Denkmalpfleger fühlte sich an ähnliche Gebäude in der österreichischen Metropole erinnert. Doch trotz des neuen Denkmalstatus‘ haben die Bewohner weiter um ihre Wohnungen kämpfen müssen. Untermietern der dort wohnenden Studentenorganisation sollten nach der Sanierung keine Mietverträge bekommen. Das führte zu regelrecht militanten Auf- und Widerständen, denn schon damals war es nicht leicht, günstigen Wohnraum in der Bremer City zu bekommen. Der Ausnahmezustand hielt mehrere Wochen und wurde dann nach vielen Verhandlungsgesprächen friedlich beigelegt. Die Mieter hatten gesiegt. Alle Bewohner konnten nach der Sanierung in ihr Haus zurückkehren.
Für die GEWOBA ein Glücksfall, dass das familienfreundliche Wohnensemble erhalten blieb. Auch Mieterin Marlies Kühne genießt den neu gestalteten Hofgarten und findet: „Das ist hier eine echte Oase mitten im quirligen Bremer Viertel.“