Wenn das Dreier-Team der Freiwilligenagentur Bremerhaven an den Schreibtischen sitzt, ist die Atmosphäre warm, gute Laune schwebt in der Luft. Manchmal werden dennoch die Taschentücher gezückt. „Neulich ist eine ältere Dame in Tränen ausgebrochen“, erinnert sich Gisela Petersen und muss selbst kurz schlucken. Die Frau weinte nicht aus Kummer, sondern vor Freude – über eine Theaterkarte.
Unvorstellbar aber wahr: Es gibt jede Menge Menschen, die sich nichts mehr wünschen, als einen Abend im Theater oder Kino, den Eintritt aber nicht zahlen können. Ihnen hilft die Kulturloge der Freiwilligenagentur. Freiwilligenagentur? Die Einrichtung der Bremerhavener Stadtverwaltung vermittelt Ehrenamtliche, die sich engagieren wollen, an gemeinnützige Organisationen. Die Motivation der Helfer ist häufig pragmatischer Natur: „Ich war arbeitslos, mit Ende 50 ohne Aussicht auf einen neuen Job und wollte nicht zu Hause rumsitzen“, sagt Klaus Kucharczyk. Gisela Petersen stellte nach ihrer Pensionierung fest: „Da wird man sein ganzes Arbeitsleben lang gebraucht und dann soll man einfach nichts mehr tun? Das kam für mich nicht infrage.“ Gemeinsam mit drei weiteren Ehrenamtlichen bilden sie das Team der Kulturloge. Als vom Magistrat beauftragte Leiterin der Freiwilligenagentur ist Birgitta Fischer die einzige Festangestellte in der Runde.
Unbürokratischer Kulturgenuss
Das Stadttheater Bremerhaven kam auf die Idee, Menschen Tickets für Veranstaltungen zu vermitteln, die wenig Geld haben. Seitdem läuft der Betrieb in der Kulturloge wie am Schnürchen. „Institutionen wie das Theater, die Stadthalle, das Theater im Fischereihafen, die Museen, die Kirchen, teilweise auch die Kinos und die großen Sportvereine stellen uns kostenlos Eintrittskarten zur Verfügung“, erläutert Birgitta Fischer. Bei der Freiwilligenagentur können sich Menschen melden, deren Einkommen für den Kauf solcher Tickets nicht reicht. Für Ledige liegt die Grenze bei 900 Euro netto, für Verheiratete bei 1.300 Euro. „Wir machen keinen bürokratischen Aufwand darum. Ein Einkommensnachweis reicht“, betont die Leiterin, „wir wollen die Leute ja nicht abschrecken, sondern ihnen zum Kulturgenuss verhelfen.“ Und so funktioniert es: Das Team sichtet die eingegangenen Tickets der Einrichtungen und kontaktiert die Kulturlogen-Mitglieder. „Wenn wir Karten bekommen, rufen wir die an, die sich für diese Art von Programm interessieren“, erklärt Petersen. Die Kartewird auf den Namen des Interessenten an der Abendkasse hinterlegt: „Sie müssen nur noch hingehen“, ergänzt Kucharczyk fröhlich: „Niemand wird erfahren, dass sie die Karte nicht selbst gekauft haben.“ Im Fall der älteren Dame mit der kleinen Rente könnte es ein aufmerksamer Theaterbesucher aber vielleicht doch bemerken: An ihrer Freude darüber, endlich mal wieder zu sehen, wie sich der Vorhang hebt.